Chronik 1938 Abschnitt 1.1

Chronik 1938

Erdgeschichtliches

Seite 13-18

Die Frage nach der Entstehung des geologischen Gepräges einer Gegend überhaupt führt uns zu den Vorgängen die mit der Abkühlung der Erde und dem Vulkanismus in innigem Zusammenhang stehen. Wir kommen ihr am nächsten, wenn wir bis auf jene Urzeiten der Erde zurückblicken, wo sie noch als feurig flüssige Masse ihre Bahn um die Sonne zog. Freilich begeben wir uns damit auf ein Gebiet, das sich teilweise der Beweisbarkeit entzieht und zum Hauptteil auf Annahmen beruht.

Nach langen Perioden ungeheurer Wärmeverluste bildeten sich auf der Erde Schlacken. Diese schlossen sic im Laufe der Zeit zu einer zusammenhängenden Erstarrungskruste zusammen. In der Atmosphäre waren unsere Ozeane noch in Dampfform. Wahrscheinlich war diese Epoche der Verfestigung der Erdrinde die längste von allen in der Geschichte unseres Planeten. Dass die Kruste oft wieder von schmelzflüssigen Massen zerstört worden ist, ist wohl sicher anzunehmen. Mehr und mehr umschnürte die Kruste die glutflüssigen inneren Massen und kühlte sich im Laufe unschätzbare Zeiträume soweit ab, das, das Wasser in flüssiger Form niedergehen konnte. Es war gesättigt von verschiedenen Stoffen und wirkte bereits auf die Erdoberfläche, die es geschlossen als Weltmeer umgab , chemisch ein (Bildung von Schichtgestein).Die Temperatur auf der Erde sank weiter mehr und mehr ab, die erstarrte Kruste wurde im gleichen Verhältnis immer dicker. Im Anschluss an diese Periode erfolgte die Scheidung von Wasser und Land. Mit der fortschreitenden Abkühlung blieben schließlich nur noch schmelzflüssige Reste im Inneren der Erde. Welche auch heute noch unsere Vulkane speisen. Hand in Hand mit diesen Vorgängen  lief noch ein anderer. Der Erdkern kühlte sich weiter ab, die Rinde wurde damit zu weit, um sich ihm anzuschließen, sie brach stellenweise ein, legte sich in Falten und trug so zur Bildung der Gebirge bei.

Die Erdoberfläche wird jetzt ausschließlich von der Sonne erwärmt, deren Einfluss bis zu etwa 20m Tiefe geht. Hier herrscht eine gleich bleibende Wärme. Unterhalb dieser Grenze jedoch beginnt wieder eine Wärmezunahme, die keinesfalls von der Sonne herrühren konnte, sondern vielmehr von einer Wärmequelle im Inneren der Erde. Aus angestellten Tiefenbohrungen geht eine fortgesetzte Wärmesteigerung mit zunehmender Tiefe hervor, und zwar beträgt Sie von 33 zu 33m 1 Grad. Über eine Tiefe von 2000m ist man zurzeit noch nicht vorgedrungen. Wenn man nur bedenkt, dass heiße Quellen von 100 Grad C (100×33=3300m Tiefe) an die Oberfläche bringen und die Tiefen, aus denen schmelzflüssige Massen dringen, auf eine Wärme von weit über 1000 Grad C schließen lassen, dann steht fest, dass die Quelle so hoher Temperaturen auch heute noch in einem glutflüssigen Erdkern zu suchen. Dieser glühende Erdkern ist der Rest der ursprünglich feurigflüssigen Masse unseres Planeten.

Im Zusammenhang mit der eben geschilderten Abkühlung der Erde ging nun die Bildung der Verschieden geologischen Schichten vor sich, die im Einzelnen hier zu beschreiben zu weit führen würde. Hand in Hand damit wiederum begann sich der Meeresgrund zu heben und sich zu bewegen. Gegen Ende des Devons entstehen Festländer, eine feste Trennung zwischen Land und Meer tritt erst in der Steinkohlezeit ein. Schließlich ragten große Falten mit ihren Sätteln hoch über den Meeresspiegel heraus, die naturgemäß die alte, hart gewordene Meeresschlammschicht trugen. Es ist also mit Sicherheit anzunehmen, dass die ersten Unebenheiten der Erdoberfläche durch die Abkühlung der Erde und den Vulkanismus entstanden sind.

Auf die eben geschilderten Vorgänge ist aus dem Grunde so viel Wert gelegt worden, weil für unsere Falkenauer Gegend auch ein Vulkan eine bedeutende Rolle gespielt hat. Gemeint ist der Beutenberg bei Chemnitz.

Betreten wir einen der bekannten Steinbrüche des Beutenberges, so finden wir hohe Wände eines in seiner Gesamtfarbe rot wirkenden Gesteins. Es ist der Zeisigwalder Porphyrtuff. Er gleicht nur in der Farbe seinem harten Bruder, aber er ist porös, erdig, weich und lässt sich aus diesem Grunde leicht vom Steinmetz bearbeiten, er ist wenig wetterbeständig. Wie ist nun dieser Porphyrtuff entstanden und warum spielt er für Falkenau eine Rolle? Bei der oben beschriebenen Faltung der Erdkruste entstanden an den Stellen stärkerer Biegung, also gewöhnlich auf den Sätteln, Spalten und Risse. An diesen Rissen leistete naturgemäß die Erdrinde den vom Erdinneren nach außen drängenden Gewalten nur geringen Widerstand. Gewaltig gespannte Dampf- und Gasmassen entströmten explosionsartig dem Erdinneren, glühenden Gesteinsbrei, das Magma, mit sich reißend und in Asche und Staub zerfetzend. Wie ein blutiger Regen mögen diese feinen Massen auf den Krater zurückgefallen oder durch den Sturm weit weggetragen worden sein. Diese zunächst locker aufeinander liegenden Masse verfestigten sich einmal durch den eigenen Druck, zum anderen wurden sie durch mineralische Stoffe, die das Wasser gelöst führte und an tieferen Stellen wieder absetzte, zusammengekittet. So entsteht auch heute noch vulkanischer Tuff. Wo am Beutenberg sich der Krater befand, wissen wir nicht. Der Porphyrtuff erreicht am Beutenberg seine größte Mächtigkeit, aber er ist nicht etwa auf ihn beschränkt, er begegnet uns im Flöhaer Becken, im Falkenauer Steinbruch an der Oederaner Straße und am „Wandernden Berg“. Wir treffen Ihn auch in Schloss- Chemnitz, in Altendorf und Markersdorf. Die geringste Verbreitung zeigt er nach norden. Seine heutige Ausdehnung stellt sicherlich nur noch Reste einer ehemals vielleicht geschlossenen Tuffdecke dar. Der Falkenauer Porphyrtuff kann wohl als der am weitesten nach Osten vorgeschobene betrachtet werden. Dieser vom Beutenberg durch Westwinde angewehte Ascheregen hat also einen wesentlichen Anteil am geologischen Aufbau unserer Gegend. Die am „Wandernden Berg“ angewehten Tuffmassen sind neben mächtigen Schieferschichten für die Reichsbahn durch viele Jahre hindurch Gegenstand schwerer Sorge gewesen. Es wird in diesem Buch noch eingehend darüber berichtet.

Die klimatischen Verhältnisse, die damals in unserer Gegend geherrscht haben, müssen tropischen Charakter gehabt haben. Das bezeugen die uns  aus jener Zeit durch Versteinerung erhalten gebliebenen Planzenreste, deren schönste Exemplare im so genannten “Versteinerten Wald“ am städtischen Museum zu Chemnitz zu sehen sind und zum Hauptteil aus der Gegend des Beutenberges stammen. Verwandte der dort versteinerten Pflanzen begegnen uns heute noch in Gegenden mit tropischem Klima. Es handelt sich dabei um Schachtelhalme und Baumfarne, die von den vulkanischen Auswürfen begraben und durch Luftabschluß vor Fäulnis bewahrt wurden. Kiesel-Säure-Wässer durchdrangen in der Folgezeit das pflanzliche Gewebe und setzten anstelle des Kohlenstoffes Quarz ab. Auf diese Weise sind uns die Zeugen aus jener Zeit erhalten geblieben. Reste solcher Pflanzen wurden auch nach 1932 hier in den Gesteinsquadern bei der Abtragung des „Wandernden Berges“ gefunden.

Wenn die vorstehenden Ausführungen in das Werden und Vergehen unserer Erdoberfläche einführen sollten, so will ich nunmehr versuchen, im Folgenden eine spezielle geologische Darlegung der heutigen Landschaft unserer Heimatscholle zu geben. Im Allgemeinen hält der Laie nicht viel  von der Gesteinswissenschaft, der Geologie und Mineralogie, und mancher ist geneigt, diese Kapitel für überflüssig zu halten. Für den, der die Erhabenheit der Naturvorgänge ahnt und den ursächlichen zusammenhängen nachspürt, gibt sie eine Fülle von Hinweisen und Aufklärungen. Die beste Gelegenheit, tief in das Wesen unserer Heimatwelt einzudringen, ist das Wandern. Dem, der Augen hat zu sehen, dem begegnet eine Menge von Erscheinungen auf seinen Wegen. So sollen auch uns einige kurze Wanderungen um Falkenau mit den charakteristischen Bodenformen unserer Gegend bekannt machen.

In eine erdgeschichtlich recht interessanten Gegend führt und der Weg durch das Schieferbachtal. Von saftigen Wiesen umgeben und von waldigen Höhen eingeschlossen, liegt unser herrliches Falkenauer Bad. Seine selten schöne Lage und sein kristallklares Wasser haben es in kürzester Zeit zu einem der betuchtesten Naturbäder des östlichen Erzgebirges gemacht. Verfolgen wir das Bächlein, das sich in das Falkenauer Bad ergießt, weiter aufwärts, so kommen wir sehr bald an eine stark pulsierende Quelle, der reichlich ockerfarbenes Wasser entströmt. Dem aufmerksamen Beobachter werden in dieser Waldgegend Bodenvertiefungen und Erhebungen auffallen, die die Natur von sich aus unmöglich so geschaffen haben kann. In allernächster Nähe diese Quelle stößt man im Bergabhang in eine höhlenartige Öffnung, die sich bei näherer Betrachtung als ein Stollenmundloch entpuppt und oberhalb der Quelle ist ein Erdhügel, der ganz deutlich den Eindruck einer Grubenhalde macht. Überall, wohin wir den Fuß setzen, stoßen wir auf  Reste eines längst erloschenen Bergbaus, und der Name „Zechengrund“ sagt es uns schon: Wir befinden uns in mitten von Stollen, Halden und Schächten, Zeugen einer längst vergangenen Bergbauherrlichkeit.

Im Zechengrund

Das Schieferbachtal liegt im Grenzgebiet der Erzgebirgischen  Phyllitformation und des Frankenberg-Hainichener Zwischengebirges, die in einer westlich des Schieferbaches in einer N-S verlaufenden Verwerfung aneinander stoßen. Hierbei fallen die Gesteinsschichten von beiden Seiten des Tales, vermutlich in Folge der bei der Gebirgsbildung entstandenen Aneinanderpressung, nach dem Bach zu ein, die Gesteine des Frankenberger Zwischengebirges nach Ostsüdost, die der Erzgebirgischen Formation mit 10-30 Grad nach Westen. Dass bedeutende Gebirge bildende Kräfte dabei mitgewirkt haben, zeigen die stark gepressten Gesteinsschichten in dem kleinen Steinbruch gegenüber dem Naturbad Falkenau.

Die Gesteine sind im Gebiet des Frankenberg-Hainichener Zwischengebirges im wesentlichen  chloritische Glimmerschiefer, die Gesteine der Erzgebirgischen Schieferformation bestehen im Gebiet aus Phylliten (dünnblättriger kristalliner Schiefer) und zwar aus Granat-albitphylliten (Natronfeldspat- Schiefer) und Quarzphylliten. Die Granat-albitphylliten wurden früher vielfach zu Dachschiefern, Brunnenplatten und dergleichen  gebrochen (Steinbrüche nordöstlich von Schönerstadt).

Östlich und südöstlich des Schieferbachtales lagern auf den Phylliten Reste der Steinkohlenformation von Flöha aus, und zwar Konglomerate, Sandsteine und Schiefertone, die ihresgleichen wieder bedeckt sind von Zeisigwalder Porphyrtuffen rotliegenden Alters (Bruch an der Oederaner Staatsstraße).

Zeichnet sich das Gebiet schon durch seinen gestörten geologischen Aufbau gegenüber anderen aus, so treten neben diesen Verwerfungsspalten noch Erzgänge auf, die, ehemals offene Spalten, ihre Entstehung Absätzen von aus der Tiefe gekommenen Thermallösungen verdanken. Diese Gänge setzen im oberen Schieferbachtal, west-nordwestlich der Karolinenhöhe, im Granat-albitphyllit auf und sind von unseren Altvordern bergmännisch abgebaut worden. Sie gehören zum größten Teil der so genannten kiesig- blendigen Bleierzformation an.

Die oben genannten, im oberen Schieferbachtal aufsetzenden Gänge sind seit Mitte des 16. Jahrhunderts von mehreren nur dem Namen nach noch bekannten Gruben auf Silber- und Bleierze bebaut und durch den tiefen Hilfe-Gottes-Stollen gelöst worden.

Bezüglich der Wasserversorgung des Gebietes wird man annehmen müssen, das im Schieferbach vorhandene Wasser an der Stelle, wo Schneise 38/39 den Bach schneidet, in die darunter liegende Grubenhaue gezogen wird und durch einen derselben den tiefen Gottes-Hilfe-Stollen, abgeführt wird. Betrachtet man die verschiedenen Grubenhalden und Pingen, so zeigen  die knapp 300m unterhalb des schon erwähnten Wendepunktes an der Schneise 39/40 auf dem linken Gehänge gelegene Pingen eine eigentümliche Erscheinung. Es finden sich dort ein Zug von Halden mit 4 Einsturztrichtern (2.bzw. 1.Tagesschacht). Die nördlichste und kleinste Pinge ist mit klarem Wasser angefüllt. Das Wasser entstammt einer Quelle, die am Pingenrand, jedoch noch in der Pinge entspringt. Gleich neben dieser Pinge findet sich eine weitere, die mit der kleineren in Verbindung steht. In regenreichen Zeiten muss diese Pinge Wasserzuschüsse von der kleineren erhalten. Nach dem ehemaligen 1.Tagesschacht zu findet sich eine weitere Pinge.

Etwa 130m unterhalb der Schneise 38/39 tritt am rechten Ufergehänge eine starke Quelle aus. Der Quellenpunkt ist identisch mit dem verbrochenen Stollenmundloch des oben genannten ehemaligen tiefen Gottes-Hilfe-Stollen. Die Bergamtsakten geben hierüber noch Auskunft. Unter dem 20. Oktober 1798 wird beurkundet, dass auf dem Spatgang vom Morgen her Wasser einbrechen, die auch in trockenen Zeiten gegen 1.zweiböhrige Röhre Wasser stark sind. Ein Gutachten sagt am 16. Mai 1822, dass die Stollenwasser gegen 60 Kubikfuß stark sind. Ein Fahrbericht vom 20. April 1836, dass auf mehreren Punkten des Stollens starke Wasser förstweise zuliefen.

Die Untersuchung des Gebietes hat gezeigt, dass in einem gestörten Gebirge Quellen augenscheinlich verschiedener chemischer Zusammenhänge auftreten, insonderheit Quellen, die durch äußerst starke Eisenockerabsätze auszeichnen.

Die Falkenauer Kalklöcher

Wir erreichen die bekannten Kalkhöhlen am Plauberge am bequemsten, wenn wir die Straße nach Augustusburg hinauswandern und am Ende des Waldes in der Nähe den Anke`schen Gehölzes rechts abbiegen. Der Weg, der ins Schwedden- Tälchen führt, bringt uns direkt an die Höhlen heran. Geschichtlich ist über diese sogenannten Kalklöcher nicht viel bekannt, Bergleute mögen sie entdeckt haben, als sie nach edlen Silbererzen schürften. Zunächst wird der Kalkbruch als Tagebau betrieben worden sein, später hat man das Gestein rein bergmännisch durch das Anlegen von Schächten zu Tage gefördert. Eine schwunghafte Ausbeutung der Kalklager hat wahrscheinlich zur Zeit des Baues der Augustusburg bestanden. Darüber findet sich im Ratsarchiv zu Chemnitz eine wichtige Notiz:

In der Nähe des Schlosses Schellenberg hat es Kalkbaue nur zu beiden Seiten des oberen Schweddetälchens bei Plaue gegeben. Der eine dieser längst auflässigen Brüche hoch am Gehänge ist wegen seiner merkwürdigen Form in der Umgegend bekannt und wird oft aufgesucht. Der Kalk hat im Ytonschiefer große Nester gebildet, die man so abbaute, dass der umgebende Schiefer stehen blieb. Durch unsere Urkunde erfahren wir, dass hier schon im 15. Jahrhundert kalk gebrochen wurde.

Urkunde: 1453 gestattet Kurfürst Friedrich der Sanftmütige dem Rat zu Chemnitz, dass sie „an dem berge unsirs slosses zu Schelinberg kalksteine, sovil sie des  zeu dem bawe unde befestenunge derselben unser Staddt zeu Kempniez bedurffen werde, brechen lasen mogen, unschedlich der strasen und wege, die wir von dem wasser undir dem berg hinauff zen dem slosse andern,“ Der Vogt zu Schellenberg wird angewiesen, die Chemntizer gewähren zu lassen und ihnen auch Holz zum Brennen des Kalkes zu verkaufen.

Bei den Straßen und Wegen, die der Kurfürst „vom Wasser unter dem Berge hinauf zu dem Schlosse wanderte“, wird man in erster Linie zu denken haben an den alten Höhenweg, der von Oederan kommt und bei Falkenau die Flöha überschreitet, und die alte Augustusburger Straße, die bei Plaue aus dem Zschopautal heraufsteigt.

Die Kalkbrüche am oberen Abhang des Kuhsteins bestehen aus mehreren großen Höhlungen, die heute noch ein deutliches Bild des längst aufgegebenen Kalksteinabbaues vermitteln. Ein Teil der großen Höhle ist gewöhnlich infolge Wasseransammlung nicht zu begehen. Irgendwelche Ansätze oder gar Mundlöcher zu tiefer gehenden Stollen sind hier nicht vorhanden. Das Gestein, dass die Höhlung einschließt, ist etwas brüchig und das Begehen der Höhlen daher nicht gefahrlos. Jenseits der Augustusburger Straße, unweit des Anke´schen Gehöftes, liegt ein weiterer kleiner höhlenartiger Kalksteinbruch, der gewöhnlich voll Frischwasser steht, Seine Ausdehnung ist aber vermutlich nicht bedeutend.

Während die oben beschriebene große Höhle auf den Laien einen imponierenden Eindruck macht, sind di am Fuße des Kuhsteins nach Plaue zu gelegenen Stollen, auch bergmännisch betrachtet, eine gewisse Sehenswürdigkeit. Der Zugang zu den verschiedenen Mundlöchern ist bequem vom Plauer Weg möglich. Das am weitesten rechts gelegene gemauerte Mundloch geröhrt zu einem Stollen, der etwa nur 15m weit begehbar ist, dann verhindern lose Gesteinsmassen ein weiteres vordringen. Zweifellos ist der Stollen dort aus irgendeinem Grund zugekippt worden. Dagegen gestatten die anderen beiden Mundlöcher die Einfahrt in lange auf verschiedenen Sohlen in etwa nördlicher Richtung in das Bergmassiv getriebene Stollen. Die Gangmassen, die man dort abgebaut hat, hatten, wie das Hangende und Liegende zeigen, ein Einfallen von etwa 60 Grad und ein ungefähr nordöstliches Streichen,  was für die aufgefahrenen Stollen richtunggebend gewesen ist. Die einzelnen Sohlen sind durch ein ziemlich breites Aufbrechen miteinander verbunden. Dadurch, dass die Bergleute nicht nur den Hauptgang verfolgt haben, sondern auch die links und rechts abzweigenden Gangtrümmer abbauten, entstand eine Anzahl kleiner Blindgänge, so dass der ganze Bau für den Laien einen geradezu labyrinthartigen Eindruck macht.

Durch die Art des damaligen Abbaues entstanden zum Teil mächtige Hohlräume, die unbedingt imponieren müssen, wenn man das primitive Gezähe (Werkzeug) der alten Bergleute bedenkt. Die mit Fäustel und Eisen gebohrten Löcher kann man noch deutlich und in großer Anzahl an den Stößen und an der Firste beobachten. Bis auf einige feuchte Stellen, da aber durch Entwässerungsrinnen nicht beseitigt werden können, ist dieses Ganglabyrinth annehmbar trocken. In dieser Beziehung macht also die Befahrung keine Schwierigkeiten. Dagegen muss darauf hingewiesen werden, dass die Stollen durch lose Gesteinsmassenteilweise so verengt sind, dass man jetzt nur kriechend hindurch gelangen kann, dabei sind aber Firste und Stöße überall in guter Verfassung. Die losen Massen lassen sich zweifellos mit nicht allzu großer Mühe hinwegräumen.

Diese Kalksteinvorkommen sind wahrscheinlich Korallenriffe des Devonmeeres gewesen, erst später erfolgte die Einbettung in Urtonschiefer, wo sie dann mächtige Linsen, Nester und Gänge bildeten. Der Abbau des Kalksteines muss sehr gründlich vorgenommen worden sein, denn in den jetzigen Höhlen sind nur noch geringe Spuren zu finden.

Der jetzige Vorstand des Erzgebirgsvereins zu Falkenau strebt dankenswerter Weise an, die so genannten Kalklöcher der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ein seltenes Naturdenkmal blieb damit offen, die Brüche liegen abseits des Verkehrs, und der Talweg, auf dem man zu ihnen gelangen kann, ist für den Kraftverkehr gesperrt. Allerdings wird die Herstellung der Brüche in einem begehbaren Zustand beträchtliche Kosten erfordern. Sollte es dennoch gelingen, alle Schwierigkeiten zu überwinden, so würde damit ein interessantes Stück Heimatscholle erschlossen werden.

Am“ Wandernde Berg“

Unmittelbar hinter Schreyers Landhaus am Plauer Wege zweigt ein Weg nach der Waldvilla ab. Zwischen Feldern hindurch führt er auf die Höhe des Kuhsteins hinauf, bald gelangt man in ein terrassenförmig aufgebautes nacktes Bergmassiv, die so genannte „Rutsche“. Auch sie ist in geologischer Beziehung ein sehr interessanter Abschnitt unserer Heimatscholle. Wir sehen deutliche Spuren, die Menschenhändewerk hinterlassen hat, denn so konnte die Natur den Berg nie geschaffen haben. Auf diesem kahlen Felsgestein ist nur ganz spärliches Wachstum; anspruchslose Birken, einige Sträucher und die langen Kerzen des giftigen Nachtschattens fristen hier ihr kümmerliches Leben, weil die nahrhafte Erdkruste fehlt. Dauernd lösen sich kleinere und größere Brocken des Felsgesteins und rollen polternd zu Tal. Dieser Berg will nicht zur Ruhe kommen!

Beim Bau der Dresden-Werdauer Linie im Jahre 1865 wurde kurz unterhalb des Bahnhofes Falkenau der hohe Berghang des Kuhsteins in seinem ohnehin nur labilen Gleichgewicht gestört, der einen selten ungünstigen geologischen Aufbau hat. Das Gleis selbst liegt im Schiefer der am Anfang der Rutsche ziemlich hoch ansteht, während er am anderen Ende fast in Gleishöhe ausstreicht. Auf diesem Schiefer lagert in einer Mächtigkeit von etwa 12m Porphyrtuff, der sich aus jenem im ersten Abschnitt beschriebenen einst hier niedergegangenen Ascheregen aus dem Beutenberg-Vulkan gebildet hat. Zwischen diesen beiden Gesteinsschichten, dem Schiefer und dem Porphyrtuff, wird eine unregelmäßig gelagerte, nicht allzu dicke, aber sehr tonhaltige Sandsteinschicht angetroffen. Der Tuff stand zum großen Teil in festen, aber sehr spaltreichen Bänken an, die alles Wasser in die Tiefe leiteten. Hier zersetzt es die unterste Schicht des Tuffs zu schmierigen, sehr gleitfähigen Seifen. Derselbe Vorgang spielt sich auch in dem tonhaltigen Sandstein und der obersten Schicht des Schiefers ab. Der Schiefer fällt nun ganz steil nach dem Gleise zu ab. Er ist außerordentlich dünnplattig und graphitreich und daher an sich schon stark zu Rutschungen und Verlagerungen geneigt. Seine Kontaktschicht mit dem Tuff ist durch den Druck und die auf ihr stattfindenden Bewegungen zermürbt und leicht geneigt zu erweichen. Diese Vorgänge in den Gesteinen und die Lagerungsverhältnisse am Gehänge erklären die Bewegung des Bergstocks, der fast in seiner ganzen Ausdehnung in Verlagerung begriffen war. Diese Bewegungen nun, die sehr von den Niederschlagsmengen abhängig sind, bilden seit langem für die Reichsbahn einen Gegenstand großer Sorge. Oft schon wurden Gutachten namhafter Geologen herbeigezogen, sie alle mahnten zu größter Vorsicht und betonten die Gefahr namentlich dann, wenn die Schieferunterlage einen stärkeren Umfang annehmen würde. Im Frühjahr 1928 ließen die Verbreiterung der alten im Hang vorhandenen Spalten und Abrisse, wie die Bildung neuer Risse, deutlich den Fortschritt der Rutschungen erkennen. Ein sofort über den Hang gelegtes Beobachtungsnetz machte starke Bewegungen offenbar. Sie betrugen innerhalb eines Zeitraumes von 9 Monaten in der Tufflage bis zu 1,5m, in der Schieferunterlage bis zu 0,8m. Ein angesichts dieser Lage von der deutschen Forschungsgesellschaft für Bodenmechanik (TH Scharlottenburg) eingeholtes Gutachten betonte, dass niemand mehr die Verantwortung für das bisher geübte Verfahren des Abwartens und der unzureichenden Behelfe tragen könne. Es musste tatkräftig eingegriffen werden, und es gab nur zwei Möglichkeiten dazu: Entweder die Verlegung der Dresden-Werdauer Linie oder zweitens die Entlastung des Hangs durch Befestigung der sich bewegenden Massen. Die Linienverlegung hätte sehr hohe Kosten erfordert, die Abtragung aber bot außerdem den großen Vorteil einer günstigen nutzbringenden Verwertung der Massen zur Schaffung des Unterbaus für den notwendigen Abstellbahnhof in Chemnitz Furth.

Zunächst glaubte man, eine genügende Entlastung durch Abgrabung von ca.130000m3 Masse zu erzielen. Aber schon während des Abbaus erkannte man die Unzulänglichkeit dieser Absicht. Etwa 2 Monate nach Beginn der Abgrabung setzte sich der ganze Fuß der Tuffauflage in rasche Bewegung nach dem Gleise zu. Später zeigte sich, dass der ganze Fuß der unmittelbar am Gleise ausmündenden Zunge der Tuffauflage aus zersetztem, schmierigem, also sehr gleitfähigem, nassen Tuff bestand, der unter keinen Umständen einer Belastung mehr standgehalten hätte.

Ungefähr 50m über dem Gleis zeigten neue Risse das Fortschreiten der Bewegung an. Die Spannung in dem gleitenden Körper war durch die Abtragung ungeheuer geworden. Der Plauer Berg zeigte sehr bald klaffende Risse, und innerhalb 14 Tagen sackte der ganze rissige Felskörper, rund 40000m3 um nicht weniger als 2m ab. Diese Vorkommnisse sagten deutlich, dass sich die Bewegungen ohne Zweifel trotz der bereits bedeutenden Abgrabungen fortsetzen würden und dass es sich für die Reichsbahn nur darum handeln könne, den Fuß der Rutsche soweit vom Betriebsgleis zurückzuverlegen, dass weitere Bewegungen und Abstürze, diesem zunächst nicht mehr gefährlich werden konnte. Um diese zu erreichen mussten 270000m3 abgetragen werden.

Der schnell zu bewirkende Abbau und die Abförderung dieser großen Massen waren bedeutende und nicht leicht zu lösende Aufgaben, vor allem auch, weil ca 60% der zu beseitigenden Massen aus sehr schwer angreifbaren festen, nicht plattig, sondern würfelig in großen Blöcken brechenden Felsen bestand, von denen ein großer Teil in den bereits gelösten Blöcken nochmals gesprengt werden musste. Allein de obersten Stroffen haben nicht weniger als 15000Schuß erfordert. Die Bewältigung des Abtransports der Massen machte bedeutende Schwierigkeiten. Die Firma Holzmann hatte eine ideale Lösung gefunden, sie führte den Bau einer normalspurigen Förderanlage vom Bahnhof Falkenau unter Anwendung einer langen, beträchtlichen Steigung von 1:30 durch. Schwere Felsenbagger, die die Felsenmassen einander zureichten, wurden in 4 Etagen übereinander aufgestellt.

Die Verwendungsstelle der abgetragenen Massen war, wie bereits gesagt, in Chemnitz-Furth, das ca 16km von Falknau entfernt liegt. Eine große Schwierigkeit stellte der reibungslose Abtransport der gewonnenen Massen dar, denn es wurde Tag und Nacht gearbeitet. Lediglich die Firma Holzmann löste von allen konkurierenden Firmen dieses Problem wiederum auf eine so einfache wie wirksame Weise. Sie verwendete dabei ihre kleinen Viekubikmeter-Holkipper, die ganz wesentliche Vorzüge gegenüber der von der Reichsbahn gebrauchten Großraumkippern aufweisen. Sie bewährten sich bei dem Bau ausgezeichnet. Durch den Holzmann`schen Vorschlag wurde erreicht, dass die abgetragenen 275000m3 innerhalb von 5 Monaten abgefördert werden konnten, zuweilen betrug die Tagesleistung 2000m3.

Die der Reichsbahn durch die Abtragung der Rutschmassen entstandenen Kosten betrugen 1,4 Millionen RM.

Wir Falkenauer werden uns alle gern an das Jahr 1932 erinnern, denn der ganze Ort wurden durch die Arbeiten am „Wandernden Berg“ natürlich in jeder Beziehung stark belebt. Und mancher Falkenauer, der damals, in der Zeit der schlimmsten Arbeitslosigkeit bei der Firma Holzmann Unterkommen fand, denkt dankerfüllt an jene Zeit zurück.

Wir alle suchen noch heute gern unseren „Wandernden Berg“ auf, er ist recht geeignet zur beschaulichen Betrachtung des Ortes. Weit liegt die Talmulde vor uns. Wie ein silbernes Band, umsäumt von grünen Wiesen und wogenden Feldern schlängelt sich die Flöha dahin und frei ist der Blick auf die gegenüberliegenden Höhen. Schwer pusten schleppen die Lokomotiven  die Züge von Flöha herauf, und blitzschnell sausen die von Dresden kommenden D-Züge den Berg hinab. Längs der Flöha ist auch für eine kurze Strecke die Reizenhainer Linie sichtbar, und an den gegenüberliegenden Höhen windet sich in vielen Krümmen die wichtige Verkehrsader der Hofer Straße hinauf. Aus den offenen Fenstern der „Niederen Spinnerei“ klingt das leise Summen der Spindeln herauf, und tief unter uns liegt wie aus einem Spielzeugkasten aufgebaut, unser friedliches Falkenau. Häusergruppen und Gehöfte werden werden vom Laubwerk grüner Bäume unterbrochen, freundlich winkt die schmucke Siedlung vom Eichwald herüber, das Glockentürmchen und die Friedhofskapelle grüßen uns, bis der Oederaner Wald die Landschaft abschließt. Darüber blauer Himmel und gleißende Sonne und um uns das sanfte Rauschen des heimatlichen Waldes. Hier am „Wandernden Berg“ findest du Ruhe und Freude an Gottes schöner Natur. Nichts vermag diese stille Abgeschiedenheit zu stören, hier halte Rast, hier ruft die Heimat! So verschwenderisch schön ist unsere aller nächste Umgebung. Unsere Zeit ist zu sehr auf Technik eingestellt, wir hören nur immer das Donnern der Motoren und die geisterhafte Stimme im Radio, aber die Stimme der Heimat hören wir nicht. Das jagende Tempo unserer Zeit lässt kaum noch Zeit für besinnliche Betrachtung. Fremde Länder und Meere scheinen uns begehrenswert, und an unserer schönen Heimat gehen wir achtlos vorüber. Uns Erzgebirgsfreunden aber soll man diesen Vorwurf nie machen können. Wir danken dem Schicksal, dass es uns vergönnt ist, unser Leben in so schöner Gegend zu verbringen, und sind herzlich froh, dass uns Asphalt und Steinwüste der Großstadt noch nicht verschlungen haben.

Die Pflanzenwelt des Flöhatales bei Falkenau

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Es scheint für den ersten Augenblick ein wenig nützliches Unterfangen zu sein, zur Geschichte eines Dorfes einen Abschnitt über die Pflanzenwelt schreiben zu wollen. In den meisten Fällen dürfte sich eine solche Arbeit auch nicht lohnen, da die Örtlichkeit zu beschränkt ist und oftmals floristische Besonderheiten, die über den Nahmen ganz allgemeiner Angaben hinausgehen und der Pflanzenwelt des betroffenen Dorfes ein irgendwie auffallendes Gepräge geben, gar nicht vorhanden. sind. Um so erfreulicher ist es für den Pflanzenkenner, wenn er behaupten kann, dass sich eine Betrachtung der Pflanzenwelt Falkenaus und seiner engsten Umgebung wohl lohnt. Nicht nur den Pflanzenfreund und Naturliebhaber können die Reichhaltigkeit und die Besonderheit in der Zusammensetzung der Pflanzenwelt dieses Dorfes entzücken, auch der Botaniker kommt auf seine Kosten

Wie die landschaftliche Schönheit Falkenaus durch das tief eingeschnittene Flöhatal, das sich erst unterhalb des Dorfes zum Flöhaer Becken weitet, bestimmt wird, so ist auch für die Zusammensetzung der Pflanzenwelt das Vorhandensein dieses Tales von ausschlaggebender Bedeutung. Der beträchtliche Höhenunterschied von der Talsohle (an der Falkenauer Brücke 280m) bis zu den rechts und links aufsteigenden Höhen des durchschnittenen Phyllittenwalles (Karolinenhöhe im Norden 500m, Höhen an den Kalklöchern im Süden 432 m) muss dem Falkenauer Tale und seinen Hängen auch floristisch eine Sonderstellung innerhalb seiner Umgebung verleihen, zumal wir uns im Grenzbezirke zweier großen Florengebiete befinden. Die 400m Höhenlinie schneidet den Planzenbezirk des Erzgebirges von dem des Muldenhügellandes. Während die Höhen um Oederan und Augustusburg bereits Erzgebirgscharakter tragen, bildet das Flöhatal bei Falkenau eine vordringende Zunge des Hügellandes, und wir treffen hier Pflanzenarten an, die den welligen Hochflächen der Umgebung fehlen, da ihnen dort das Klima nicht mehr zusagt. Andererseits dringen hier und da erzgebirgische Leitarten bis in das Tal hinab, so dass interessante Mischungen anzutreffen sind. Beachtenswert ist die Steilheit der Hänge des Flöhatales, die eine Bewirtschaftung durch den Menschen nur in beschränktem Maße gestatten; dort konnte sich infolgedessen eine ganze Reihe Arten erhalten, denen man in unserer Gegend nicht mehr oft begegnet. Von Bedeutung ist auch, dass der Fuß der Gehänge an vielen Stellen einen Laubmengwald trägt, der dem Tal nicht nur einen hohen landschaftlichen Reitz verleit, sondern auch einen reichen Planzenwuchs aufkommen lässt, dem im größten Gegensatz steht zu dem dürftigen Planzenwuchs der großen Fichtenwälder, die sich auf die Höhen hinaufziehen.

Die nun folgenden Schilderungen sollen keinesfalls eine vollständige Darstellung der Pflanzenwelt Falkenaus und seiner engen Umgebung bringen, sie wollen lediglich bewertet sein als eine Plauderei über die interessantesten und auffälligsten Pflanzenarten und –Gemeinschaften, die sich hier im Flöhatale und seiner Nachbarschaft auffinden lassen..
Der Fluss selbst bietet nicht viel. Das seichte schnell über Geröllreichen Untergrund dahin fließende Wasser der Flöha lässt außer den auf Steinen haftenden Moosen keine Unterwasserpflanzen aufkommen. Die Ufer sind reguliert, und ehemalige Flussaltwässer (besonders oberhalb Falkenau) sind jetzt verschwunden. Die Verlandungsgesellschaften des Flussrandes sind auf einen schmalen, etwa ½-1m breiten Streifen vor der Uferböschung zusammengedrängt. Diese Streifen, dessen Hauptarten das scharfe Rietgras und das Rohrglanzgras bilden, ist zwischen Falkenau und Hetzdorf auffällig schön entwickelt und fällt von der Hetzdorfer Straßenbrücke aus im Sommer im Sommer durch seine dunkle Farbe, im Herbste durch die verbleichenden Halme der Rohrglanzgrases auf. Aus ihm erheben sich hier und da die stattlichen Blütenstände des großen Wasserampfers, die sich im Herbste dunkelbraun färben und oft noch, wenn sie kein Herbsthochwasser weggeräumt hat, im Winter aus dem Schnee herausragen. Wenn man Glück hat entdeckt man auch die gelb blühende Wasserschwertlilie/Sumpfschwertlilie in diesem Rietgrasstreifen, während sich die Wirtelminze und die aus Nordamerika eingewanderte Gauklerblume gelbe, rot gefleckte versteckt halten und sich nur dem zeigen, der nach ihnen sucht . Unterhalb Falkenau kann man auch kleine Bestände des breitblättrigen Rohrkolbens am Flöhaufer beobachten, die durch ihr Blattwerk im Sommer und durch ihre braunen Fruchtkolben im Herbst den Blick des aufmerksamen Wanderers auf sich ziehen. Sonst wäre noch darauf hinzuweisen, das Flussbett unter dem Schußberghang, das oft nur wenig Wasser enthält, von den Blättern der roten gemeinen Pestwurz belebt wird und das sich auf Dorfschutt am Flussufer das behaarte zottige Weidenröschen und das Herzgespann einfinden.

Auch auf den sich an den Fluss anschließenden Talauenwiesen ist die Anzahl bemerkenswerter Arten nicht gerade groß, doch kann man sich im Juni bei Hetzdorf über die dunkelvioletten Blütenstände der Schwarzen Teufelskralle (Phyteuma nigrum) freuen und weithin leuchten dort zur gleichen Zeit die rosaroten Scheinähren des Wiesenknöterichs, der infolge der Form seiner Blätter, die übrigens von Kennern als Spinat gegessen werden, auch den Namen Otterzunge führt. Die weißen Blüten des Quellengänsekrautes (Arabis halleri )sind weniger auffällig, doch erinnern sie uns an das nahe Bergland. In viel zwingendem Maße tun das aber zwei weitere Pflanzen dieser Wiesen, die man als Leitpflanzen des Berglandes bezeichnet. Die eine ist die Verschiedenblättrige Distel (Cirsium heterophyllum), deren große, dunkelrote Blütenköpfe jeden Pflanzenfreund entzücken und deren auf der Unterseite Silber glänzende Blätter noch im Heu auffallen. Die Andere, die sich nur trockene Plätze dieser Wiesen aussucht, ist die

Bärwurz mit weißer Doldenblüte und stark duftenden, fein zergliederten Blättern. Beide Pflanzen sind oben auf den Hochflächen und in deren flachen Seitentätern viel häufiger aufzufinden, und ihr Auftreten hier unten auf der Sohle des Flöhatales bei Hetzdorf ist zweifellos bemerkenswert, muss man doch bedenken, das bereits wenig unterhalb Falkenaus, die trockenen Stellen der Talwiesen von einer ganz anderen Pflanze besiedelt werden, die dem Berglande fehlt und die gebieterisch ins Hügelland weist, von der Grasnelke (Armeria elongata), deren rosarote Blütenköpfchen bis weit in den Herbst hinein am Flusswege nach dem Bahnhof Flöha beobachtet werden können. Es sei auch hier gleich erwähnt, das sich an diesen Rändern des genannten Weges eine weitere Hügellandschaftsplanze angesiedelt hat, der Hasenklee, den man sonst in unserer Gegend sehr selten auffindet, der aber in tiefen Lagen zu einem gemeinen Ackerunkraut wird, während er bei uns die Äcker noch meidet.

Das Glanzstück der Falkenauer Flora bilden ohne Zweifel die Laubwaldstreifen, die sich zwischen Hetzdorf und Flöha am Fuße der Gehänge hinziehen und teilweise auch den unteren Teil der Gehänge selbst besetzen, Sie sind vielfach schwer zugänglich und nur in wenigen Fällen auf öffentlichen Wegen zu erreichen. Dieser mag für den Naturfreund bedauerlich sein, er ist andererseits sicherlich ein bedeutsamer Grund dafür, dass sich hier noch eine ganze Reihe seltener Pflanzenarten vorfinden, die der Ausrottung durch Pflanzenräuber entgangen sind.
An einer Stelle bietet sich jedoch Gelegenheit, die Schönheit der Bestände auf sich wirken zu lassen. Das ist auf dem Wege, der von der Falkenauer Brücke aus am Steilhang bis zum Fuße des Schußberges verläuft. Hier kann man zwischen Fluss und Felswand Erholung finden, wenn man zu den Menschen gehört, denen die Stille und Erhabenheit der Natur innere Erbauung und Erhebung bedeutet.

Betrachtet man diesen Waldrandstreifen genauer sieht man Erlenbestände die den meist flachen, feuchten Streifen zwischen Gehängefuß und Fluss besetzen, gut ausgebildet unter dem Steilhang zwischen Falkenauer Brücke und Schußberg und an der Hetzdorfer Eisenbahnbrücke. Im Schatten der düsteren Erlen und der leider nur in geringer Anzahl vorhandenen Knackweiden, deren feingliedrige Kronen zu allen Jahreszeiten einen schmuck in der Flusslandschaft bedeuten, hat sich eine recht bezeichnende Pflanzengesellschaft angesiedelt. Zwei hohe Gräser fallen auf, der Riesenschwingel (Festuca gigantea)mit seiner großen überhängenden Rispe und die Hundsquecke mit langer Ähre, deren Spitze nach unten neigt. Und für die Farbe ist auch gesorgt. Die Gefleckte Taubennessel zeigt ihre großen roten Blüten, deren Unterlippe gefleckt ist, und der bunte Hohlzahn wechselt seine Farbe von Schwefelgelb bis Violett. Leuchtendes Weiß und starken Duft bringt das stattliche Sumpf-Mädesüß. Hier und da kann man auch die Akeleiblättrige Amsel oder Wiesenraute sehen, eine Pflanze, die mit ihrem schönen Laube und ihren zarten hellvioletten Blütenstand den Vergleich mit den schönsten unserer Gartenpflanzen nicht zu scheuen braucht. Sie gehören zu den montanen Arten, die sich in den Flusstälern oft weit ins Hügelland hinabziehen. Die großen, gelben Blüten des Springkrautes, dessen Früchte beim Berühren in weitem Bogen fortschnellen, und die roten Sterne des Sumpfstorchschnabels fallen leicht auf, unscheinbarer sind die Hainmiere und das Mittlere Hexenkraut. In dieser Gemeinschaft gedeiht auch die stattliche Kettendistel (carduus personata), die in Sachsen zu den Seltenheiten gehört.

Die Laubwaldstreifen der unteren Gehängestufen, die recht verschiedene Steigung aufweisen, beherbergen eine andere Pflanzenwelt. Schon die beherrschenden Bäume sind andere, Eiche und Hainbuche, stellenweise auch die feingliedrige Winterlinde und die Esche bilden die Hauptmasse. Auch die Rotbuche ist vertreten. An der Bastei oberhalb der Hetzdorfer Brücke bildet sie einen kleinen Buchenhochwald, dessen dichter Kronenschluß fast kein Pflanzenleben auf dem Boden aufkommen lässt. Birken, Spitzahorn und Bergahorn sind eingestreut, hier und da zeigt sich auch eine Vogelkirsche und reiches Gesträuch, bestehend aus Schwarzem- und Traubenholunder, Weißdorn, Haselnuss, Eberesche, Faulbaum und Traubenkirsche, macht sich unter den Bäumen breit. Das reiche Auftreten der Hainbuche und der Winterlinde bringt dem Falkenauer Tale schon Hügellandcharakter. Das Gesamtbild des Tales steht im erheblichen Gegensatz zu dem Talabschnitt oberhalb der Hetzdorfer Brücke, wo die Fichten der Foldung und auch die des gegenüberliegenden Hanges bis nahe an den hier viel schmaleren Talgrund herantreten. Beide Talstecken sind sicherlich gleichschön, und es ist ein Vorzug des Flöhatales in dieser Gegend, dass es in Folge der Verschiedenheit des Baumbestandes so wechselnde Bilder zu zeigen vermag. Zweimal im Jahr verleiht das Laub Verschiedenen Baumgruppen und Baumarten dem Tale eine geradezu großartige Farbenpracht, im Frühling, wenn das zarte Grün der erwachenden Rotbuchen und der helle Schleier der Birken das düstere Wintergrün der Fichten aufhellen und im Herbst, wenn die Sonne über das gelbe Kleid der Hainbuchen und Birken spielt und die braunen Kronen der Rotbuchen vergoldet.

Unter diesen unterschiedlichen Baumarten wächst ebenso unterschiedlichere und seltene Bodenflora. Eine Reihe bezeichnender Arten besitzen in den Laubwaldstreifen zwischen Hetzdorfer Brücke und Bahnhof Flöha eine Größere Stetigkeit und zur Vermeidung von Wiederholungen soll diese Pflanzengruppe vorangestellt sein.  Die gelben Sterne des Scharbockskrautes und die weißen des Buschwindröschens eröffnen im zeitigen Frühjahr den Blütenreigen fast überall. Auch Goldstern und Lungenkraut sind Frühjahrsblüher, und das unscheinbare und deshalb wenig bekannte Moschusblümchen, das hier bei Falkenau in großen Mengen vorhanden ist, lässt nicht lange auf sich warten. Nicht selten sind Waldveilchen, aber sie kommen nicht recht zur Geltung. Die dicke Traube der Schwarzwurz, eines Schmarotzers, der hauptsächlich aus den Wurzeln der Haselnuss seine Nahrung zieht, hält sich zunächst unter dem modernden Laub verborgen, bis sich schließlich der blass rosenrote, schuppenreiche Stängel, der keine grünen Blätter hervorbringt, aufrichtet. Auch die Blüte des Züngelkrautes (Mercurialis perennis) ist wenig auffällig, doch macht sich diese Pflanze durch schöne Blattteppiche recht bemerkbar. Bald leuchten die goldenen Himmelschlüssel aus dem Laubversteck heraus, kommen aber hier nicht so zur Wirkung, als wenn sie in dichtem Stande das frische Grün einer Wiese frühlingshaft schmücken, wie das z.B. an der Quelle des Folsdungbaches der Fall ist. Vereinzelt begegnen wir zu Beginn des Wonnemonats den Purpurfarbigen Blütentrauben der Frühlingsblatterbse, viel häufiger aber macht sich das Weiß der Steifblättrigen Sternmiere geltend, einer Pflanze, die das Bergland meidet und die in ihrer Verbreitung so recht zu Hainbuche passt. Im Spätfrühling streckt sich die Süße Wolfsmilch, die gelben Lippenblüten der Goldnessel beginnen zu leuchten und die Vielblütige Weißwurz zeigt ihre grün-weiße Glöckchenreihe. Es blüht der Geißbart. Diese Prachtstaude, die mit unseren Spiräen verwand ist und auch den treffenden Volksnahmen Johanneswedel führt, ist die schönste der Wildpflanzen Falkenaus. Wenn im Abenddämmerlichte die hohen, weißen Blütenstände, die vor allem bei der männlichen Pflanze sehr dicht sind, aus dem Walddunkel herausleuchten, dann ist Johanniszeit. Leider wird diese wundervolle Pflanze viel abgebrochen, oft sogar ausgegraben und in Gärten gebracht. Unser Heimatwald wird dadurch um ein kostbares Kleinod beraubt. Es ist recht zu begrüßen, dass der Geißbart und das Himmelschlüssel seit einigen Jahren zu den geschützten Pflanzen gehört. Die Umgebung von Falkenau besitzt noch viele Einzelpflanzen des Geißbart die linksseitigen Hänge unterhalb Falkenaus bergen ganze Bestände. Jeder Falkenauer sollte seine Hand schützend halten über diesen Schmuck der Natur und jeden Frevler zur Anzeige bringen. Mit Sommerbeginn nimmt die Farbenpracht schnell ab. Das trübe Rot des Waldziestes kann sich nicht recht durchsetzen, das Waldlabkraut erfreut sich mehr durch sein blaugrünes Blattwerk und erst späterhin bringen die Blütenstände des Behaarten Johanniskrautes und des Weidenkreuzkrautes wieder ein gelbes Leuchten. Neben gemeinen Arten von Gräsern finden wir das Nickendes Perlgras und die Waldzwenke. Schließlich sei auch erwähnt, dass hier und da die Ranken des Efeus den Boden Überspinnen, und das an manchen Stellen der Hopfen, ein Schlinggewächs unseres Heimatwaldes, über Gebüsch und Baum dem Lichte zustrebt.

Neben den eben genannten Arten, die für die Laubwaldstreifen wohl sehr bezeichnend sind und örtlich sehr bemerkenswert erscheinen, im Gesamtbild des Sächsischen Hügelland aber keine Seltenheit bedeuten, beherbergen die Gehänge der Flöha bei Falkenau auch eine Reihe von Pflanzenarten, die in Sachsen nur zerstreut auftreten oder deren Verbreitung keine allgemeine ist.
 Diese Pflanzen machen die Falkenauer Flora besonders reizvoll, sie mahnen jedoch auch zum Naturschutz und die Erwähnung der Namen dieser Blumen und Kräuter, die teilweise zu den geschützten Pflanzen gehören, sei die dringliche Bitte vorangestellt, alles abpflücken und ausgraben dieser Pflanzen zu unterlassen, sie zu beschützen und in ihrem jetzigen Zustande zu belassen. Es ist ja leider so, das all diese Pflanzen nur Reste von einst viel größeren Beständen darstellen und ihre heutigen Standorte sind letzte Zufluchtsorte, die ihnen Land- und Forstwirtschaft noch belassen haben.

Das linke Phyllit-Steilgehänge zwischen beiden Eisenbahnen unterhalb des Bahnhofes Hetzdorf, das einen Mischwald von Fichten, Birken und Eichen und eingestreuten Rotbuchen trägt, besitzt als Unterwuchs neben Haselnuss und Hirschholunder auch den Kellerhals oder Seidelbast. Schon im Vorfrühling zeigen sich seine am Stamme sitzenden, rosaroten Blüten, denen später die giftigen scharlachfarbenen Beeren folgen. Dieser seltsame, prächtige Zwergstrauch gehört zu den geschützten Pflanzen, wie auch das reizende Leberblümchen, das an diesem Hange ebenfalls noch in vielen Exemplaren aufzufinden ist und dessen blaue Blütensterne, die uns die Verwandtschaft mit dem Buschwindröschen offenbar machen, schon im März aus braunem Laube hervorleuchten. Sicherlich hängt das Vorkommen dieser Kalkholden Pflanze mit dem Kalkschieferzuge zusammen, der hier die Flöha erreicht. Auch dort, wo der Kalkschiefer in das rechte Flöhatalgehänge mit einem kleinen Keil eindringt, finden sich noch einige Leberblümchen. Die Häufung der Frühlingsblatterbse dürfte auch in dieser geologischen Besonderheit seine Ursache haben. Auch das Vorkommen des Christophskrautes und die Mengen von Kunigundenkraut, das sich besonders oben an der Dresdener Eisenbahn in großen Beständen zeigt,  machen den Hang zwischen beiden Eisenbahnen recht anziehend. Der nördliche Teil dieses Hanges ist leider durch Fichten aufgeforstet, die schon jetzt allen Bodenwuchs vernichtet haben. Reste von Aronstab, Hohlen Lerchensporn und Gelbem Windröschen am Gehängefuß können heute nur noch schmerzlich daran erinnern, dass gerade an dieser Stelle die Pflanzenwelt vor noch nicht allzu langer Zeit ganz prächtig gewesen sein muss.

     Der Laubwald des rechten Gehängefußes zwischen Hetzdorf und Schußberg ist nur noch schmal, und die Äcker des Butterberghanges drängen gegen diesen landschaftlich recht wirkungsvollen Streifen, der einer kleinen Steilstufe seine Erhaltung verdankt. Weiter unterhalb besetzt der Laubwald den unteren Teil des hohen Schußberghanges, der stellenweise bis unmittelbar an die Flöha herantritt. Hier zwischen Hetzdorf und Falkenau kann man im Schatten der Hainbuchen  und Winterlinden neben Zweiblatt, Einbeere und Waldmeister noch einzelne Exemplare des Märzenbechers und der Türkenbundlilie entdecken. Beide Arten sind große Seltenheiten unserer Gegen und gehören zu den geschützten Pflanzen. Des Schutzes dringend bedürftig ist die prächtige Türkenbundlilie, die sich durch ihren hohen Blütenstängel mit den turbanartig eingerollten, fleischfarbigen Glocken auf weite Entfernung verrät. Wer die schöne Pflanze in seinem Hausgarten haben will, kaufe sich eine Zwiebel beim Samenhändler. Unterhalb von Falkenau ist das rechte Talgehänge von der Falkenhöhe an frei von Wald, während linksseitig zwischen den Bahnhöfen Falkenau und Flöha noch immer der Gehängefuß von Hainbuchenwäldern geschmückt ist. Moschusblümchen, Einbeere und Akeleiblättrige Amstel kann man dort antreffen, und vor allem sind die schon erwähnten großen Bestände des Geißbartes bemerkenswert